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Anfang wird Große Mutter genannt. Wenn die Große Mutter benannt ist, sucht das Denken nach dem Anfang des Anfangs, bis es Stille und Leere gegenübersteht. Verwirrt hält es inne. Denken kann nicht erkennen, was nicht mit ihm selbst identisch ist. Stille und Leere folgen allem Denken mit trostbringender Ruhe. Jeder Gedanke, der gedacht wird, schwebt in leerer Stille. Der Anfang des Anfangs macht das Suchen sanfter. Diejenigen, die nicht sagen, sie wüßten nicht, sind dem Anfang des Anfangs näher als diejenigen, die sagen, sie wüßten. Wer kann wissen, was vor dem Denken war außer denjenigen, die angefüllt sind mit Leere und leeren Gedanken? Jeder Name ist ungeeignet, das zu benennen, was vor allen Namen war; jeder Gedanke ist falsch, wenn es darum geht, das zu denken, was vor den Gedanken war. Jenseits aller Namen und Gedanken ist die widerhallende Stille und die formlose Leere, die weder der Benennung noch des Denkens oder Handelns bedarf. Sie tut nicht das Geringste, sie wirkt, als sei sie nichts, doch eben deshalb ist alles genau so, wie es ist. Dies wird Tao genannt. Jedes Ding, das seinen eigenen Weg geht, ist, wie alles ist.
Ray Grigg |
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Zum letzten gibt es auch eine alternative Übersetzung, die ich sehr mag
Daher der Mensch: folgt dem Erdhaften der Erde folgt dem Himmelhaften des Himmels folgt dem Daohaften des Dao folgt dem von selbst so. |
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Thema von Wu im Forum Zusammen das Tao Te Ki... |
Es gab eine Wesenheit, nebelhaft und vollendet, vor Himmel und Erde entstanden.
Lautlos, ach, und leer, eigenständig und unwandelbar, allumkreisend, doch unerschöpflich: so mag es gelten als der Welt Urmutter.
Ich weiß seinen Namen nicht, es zu bezeichnen, nenne ich es Dào, genötigt, ihm einen Namen zu geben, nenne ich es groß.
Groß meint fortgehen, fortgehen meint weitreichend, weitreichend meint zurückkehren. Daher sind das Dào groß, der Himmel groß, die Erde groß, auch weise Könige groß.
Das Reich der Mitte hat vier Große, auch der König weilt als deren einer wohl!
Menschen folgen der Erde, die Erde folgt dem Himmel, der Himmel folgt dem Dào, das Dào folgt der eigenen Natur. |
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Kann man sicher tun. Wobei ich die Aufwärm- und Lockerungsübungen danach als sinnvoll empfinde.
Aus meiner Sicht gibt es keine Methode, die für alle gilt. Das muss jeder für sich sehen. Und man sollte nicht vergessen: "Ein Weg, kann er zur Methode gemacht werden, ist nicht der natürliche Weg." |
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Wer sicher stehen will, darf sich nicht auf die zehenspitzen stellen; – wer voran kommen will, darf nicht die beine von sich werfen; – wer sich selbst beleuchtet, wird nicht weit sehen können; – wer vom ziel träumt, der erkennt es nicht; – wer sich anbiedert, findet sich als untertan wieder; – wer sich rühmt, den rühmt sonst niemand. Und wer sich allzu sehr bemüht, hat mit TAO überhaupt nichts zu tun Mondrian W. Graf von Lüttichau |
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Lernen ist wie Stehen; jenseits der Zehenspitzen gibt es kein Gleichgewicht; jenseits des Erreichens gibt es kein Greifen. Wachsam, mit beiden Füßen geerdet und mit wachem Körper, nimm beide Hälften des Geistes in Besitz, und öffne dich dem inneren Zentrum. Eile, und es wird Verwirrung entstehen. Diejenigen, die von sich behaupten, sie verstünden, verstehen nicht. Die, die unsicher sind, prahlen. Wenn ein Gedanke schwer ist, dann denke, bis er leichter wird. Um dich mit dem Tao zu bewegen, trage nichts Schweres. Beschränke dich auf das Wesentliche. Vertraue auf das Finden, nicht auf das Gefundene. Sei bescheiden vor allem Bekannten und vor allem, was noch nicht bekannt ist. Um zu lernen und zu lehren, sei leicht und offen und im Gleichgewicht. Es gibt nichts zu kennen außer dem bereits Bekannten. Alles, was gewußt werden kann, ist bereits da. Was als nächstes zu wissen wichtig ist, stellt sich von selbst ein. Sei geduldig mit dem, was bekannt ist; erwartet nicht, was als nächstes gewußt werden sollte. Suche, ohne vorwegzunehmen; empfange, was sich manifestiert. Sei präsent, ohne dich einzumischen. Sei immer auf der Schneide dieses Gewußten, und falle in vollkommenem Gleichgewicht in die Stille des nächsten Gewußten.
Ray Grigg |
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Thema von Wu im Forum Zusammen das Tao Te Ki... |
Auf Zehenspitzen steht man nicht, mit gespreizten Schritten geht man nicht. Selbstbeachtend wird man nicht erleuchtet, selbstgerecht nicht erhellend. Selbstrühmende bleiben ohne Verdienst, Selbstbewunderer überdauern nicht.
Im Hinblick auch auf das Dao heißt dies: übertriebene Kost, schwülstiges Gebaren – die Geschöpfe mögen das verabscheuen, darum verweilen Dao-Befolger da keineswegs. |
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So ungewöhnlich sind diese Ansätze nicht. Letztlich ist ja die bekannteste Übersetzung von Wilhelm schon eine konfuzianische Umdeutung. Ich glaube von Cleary gibt es auch (religiös) taoistische und buddhistische Umdeutungen als Übersetzungen. Ganz schlimm fand ich auch auf Buddhaland, wo ein Yogi Nils das I ging als ein Licht-und-Liebe Buch umdeutete. (weiß nicht, ob man da überhaupt noch von Neuübersetzung reden sollte). Die ältesten Schichten tauchen in der Übersetzung von Simon auf, vermute ich. Es ist dann interessant, wie man das Buch dann eigenen Vorstellungen angepasst hat.
Zum Forum: Ja, es ist leider wieder eingeschlafen. Ich versuch noch, den Daodejing-Thread weiterzuführen, nur allein ist die Motivation eben nicht so groß. (Zumal ich ja Zhuangzi auch wesentlich mehr schätze). Zum anderen bekomme ich, wenn ich daoistische Zitate auf mastodon poste, da immer Rückmeldung, dass Leute sie mögen oder teilen. Also scheint es schon Interesse zu geben, warum nicht hier, ist mir zweifelhaft (Vielleicht ist ein Forum zu retro). Aber für dieses Jahr ist die Seite erstmal bezahlt, kann ich ja mal schauen, ob noch was geschieht. |
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Auf der fleißigen suche nach erklärungen und theorien werden wir blind für die ordnung der natur. Zum beispiel: Kein sturm wütet den ganzen tag; kein regenguß, der nicht zuende ginge. So ist die wirklichkeit: Alles hat sein gegenteil in sich. Wie sollte da irgendetwas eindeutig sein, das durch menschen entsteht ?! Grundsätzlich gilt: Wir sollten das geschehen nachvollziehen, das wir in der nichtmenschlichen natur finden. Wir sollten den geraden weg entlang schauen, um ihn gehen zu lernen. Wir sollten uns der vergänglichkeit um uns herum hingeben, um unseren platz darin zu finden. Wo wir uns bemühen, TAO geschehen zu lassen, ist unser bemühen schon ein stück des geschehens. Wo wir den geraden weg gehen wollen, ist unser bedürfnis danach schon der erste schritt. Wo wir die vergänglichkeit begreifen wollen, bedeutet unser wunsch danach schon ein stück vergehen in uns.
Eins lernt vom andern nur, wenn beide auf demselben boden stehen. Oder: Nur achtsamkeit und vertrauen tauschen wirkung voneinander. Mondrian W. Graf von Lüttichau |
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Stürme dauern nicht ewig; das Ungewöhnliche unterbricht das Gewohnte nur; Extreme stören nur die Alltäglichkeit von allem. Das Unerschöpfliche ist nicht die ursprüngliche Quelle des Wachstums. Tiefe Nährung und Reifung finden im Gewöhnlichen und Harmonischen statt. Das Tiefgründige und Dauerhafte stellt sich ein, ohne offensichtlich zu werden. Werde deshalb gewöhnlich, sanft und nährend. Dringe in das Herz der Dinge vor. Innere Stille ist größer als äußere Kraft. Verlasse dich auf innere Ganzheit, nicht auf die äußere Erscheinung. Sprich ruhig und einfach. Vertraue, und wecke Vertrauen. Diejenigen, die die ursprüngliche Einfachheit finden, erfüllen selbstlos die ganze Welt. Komme dann, leer vom Selbst, zum Selbst. Sobald Leere da ist -keine Wünsche, keine Erwartungen, kein Begehren, keine Anhaftungen -, geschieht das Füllen von selbst. Vertraue dem Füllen. Es ist unfehlbar. Es ist überaus gewöhnlich. Von Anfang an hat sich alles darauf verlassen. Bewege dich mit dem Tao, und werde eins mit dem Tao. Sei tugendhaft, indem du eins wirst mit der ursprünglichen Tugend. Ray Grigg |
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Thema von Wu im Forum Zusammen das Tao Te Ki... |
Wenig Worte machen – der Weg der Natur. So dauern Wirbelwinde nicht den Morgen, noch dauern Platzregen den ganzen Tag. Wer derlei bewirkt? Himmel und Erde! Sind gar Himmel und Erde nicht imstande zur Dauer, so umso weniger der Mensch, wie?
Daher behandele Angelegenheiten mit Dào: jene, die Dào folgen, werden eins mit Dào; jene, die Innerer Kraft folgen, werden eins mit Innerer Kraft; jene, die beider Verlust folgen, werden eins mit deren Verlust.
Jene, die eins mit Dào sind, erlangt auch gern das Dào; jene, eins mit Inneren Kraft erlangt auch gern die Innere Kraft; jene, eins mit Verlieren des Dào: erlangt auch gern der Verlust.
Wenig Vertrauen entfalten, wenig Vertrauen erhalten! |
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Stückwerk wird ganz / krummes wird gerade / leeres wird voll / gesammelt gerät es / zersplittert mißrät es.
Das heißt: Wer TAO geschehen läßt, der ist demütig und wird doch zum vorbild für die gemeinschaft; – er ist unzufrieden mit sich und wird ausgezeichnet; – er ist in sich verschlossen und wird doch zum mittelpunkt; – er rühmt sich nicht und die menschen machen ihn doch groß. Gerade weil er nichts für sich begehrt, kann niemand ihn berauben. Wenn wir uns nicht an äußerer nützlichkeit orientieren, sondern die wirklichkeit in uns drin suchen, finden wir dort auch kraft zu leben. Davon handelt das alte sprichwort. Mondrian W. Graf von Lüttichau |
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Werde weich, um zu wissen. Werde leer, um zu füllen. Ideale erzeugen Verwirrung. Je größer die Gewißheit, um so geringer das Verstehen. Wenn diejenigen, die zu wissen glauben, vom Drang zu lehren überwältigt werden, brechen sie die Fülle der Stille, begrenzen das Formlose durch Form und beginnen mit der langen Verhärtung, die aufzuweichen so lange dauert. Verloren in richtig und falsch, ja und nein, ideal und real, wird das Tao verfehlt. Ein in sich geteilter Geist kämpft mit sich selbst; Menschen, deren Geist in sich geteilt ist, kämpfen miteinander. Indem der Weise sanft wird, wird er eins mit allem; durch Ausströmen wird Aufnehmen möglich; Leeren ermöglicht das Füllen, Verlieren das Finden. Wenn Stolz fehlt, stellt sich Ehre von selbst ein. Wird auf äußeren Glanz verzichtet, so entwickelt sich Respekt. Wird auf Prahlerei verzichtet, so findet Fähigkeit Anerkennung. Ohne Kampf ist der Weg leicht. Wenn man auf Streit verzichtet, wird auch niemand anders Streitigkeiten beginnen. Wo nicht konkurriert wird, entsteht keine Konkurrenz. Bewege dich sanft in dieser Welt, so daß die Dinge so belassen werden, wie sie aus sich selbst heraus sind. Gehe sanft mit allen Menschen um, auf daß du sie nicht in ihrem Wachstum hinderst, das sie zu sich selbst führt. Wenn der Weise sich allem zuneigt, neigt sich alles dem Weisen zu. So entstehen tiefe Begegnung und Ganzheit. Ray Grigg |
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Thema von Wu im Forum Zusammen das Tao Te Ki... |
Teilweise, dann vollständig, krumm, dann gerade; leer, dann gefüllt, verbraucht, dann neu.
Wenig haben, dann viel erlangen – Doch zu viel, dann folgt Verwirrung! Darum halten sich Weise an die Einheit, und werden aller Welt zum Vorbild: Nicht selbstgefällig, darum erleuchtet, nicht selbstgerecht, so herausragend, nicht selbstrühmend, darum verdienstvoll; nicht selbstbewundernd, so überdauernd.
Gerade weil nie im Wettstreit, darum kann niemand auf der Welt mit ihnen streiten. Der Spruch der Alten: 'Teilweise, dann vollständig', wie könnte das wohl leeres Gerede sein!
Wahrlich, ungeteilt ... kehren sie zurück zum Dào. |
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TAO ist ausschließlich daran zu erkennen, daß es der gerade weg ist. Was TAO bedeutet, läßt sich nicht zerlegen und wieder zusammensetzen. Weil TAO sich nicht in einzelne regeln zerteilen läßt, paßt es für alle situationen; darum ist TAO ein geschehen, das dem wesen jedes beliebigen einzelnen entspringt und zum wesen jedes beliebigen andern hinführt. Darum ist gerade TAO sozial: Es vermag alles menschliche zu verbinden. Woher ich das wissen will? Durch mich, denn ich lebe so. Mondrian W. Graf von Lüttichau |
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Das Tao ist schwer faßbar und ungreifbar, dunkel und schattenhaft. Gedanken, die es mit Hilfe von Worten auszudrücken versuchen, nennen es Kraft, Essenz, Vitalität. Wer kann Worten vertrauen, die nichts anderes sind als tastende Versuche des Denkens? Doch existiert von Anfang an etwas Ungreifbares, ein namenloser und undenkbarer Gedanke. Nenne es Tao. Es existierte bereits, als der Anfang sich aus dem dunklen Chaos erhob. Es ist das Etwas im Herzen von allem, das jedes Ding auf seine Weise in Bewegung setzt. Ungreifbar und unfaßbar ist es der undenkbare Gedanke, der sich jedem Denken entzieht, die Quelle tiefsten Vertrauens und Verstehens. Das Tao ist überall, kann jedoch nirgendwo gefunden werden. Suche nach ihm, und es ist auf immer verschwunden. Nicht das Erklärte, ist es das Erklärende; nicht die Antwort, ist es die Frage. Es ist mühelos und überall, weil es in allem ist; es ist verborgen, weil es nicht vermieden werden kann. Finde es als die Steinheit im Stein, als die Baumheit im Baum, als das Denken im Gedanken. In den Gedanken von Denkern erkennt es sich selbst durch bloßes Denken. Ray Grigg |
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Thema von Wu im Forum Zusammen das Tao Te Ki... |
Die reinste Gesinnung Innere Kraft folgt nur dem Dào. In seiner Wirkweise als Wesen bleibt
Dào nur formlos und unfasslich; unfasslich und formlos, ach, sind in seinem Inneren Urbilder angelegt; formlos und unfasslich sind in seinem Inneren Wesen angedeutet; verborgen und unergründlich sind in seinem Inneren Essenzen, welche äußerst ursprünglich sind: in ihrem Inneren herrscht Wahrhaftigkeit.
Von den Urtagen an bis heute blieb sein Name unvergessen, denn man erschaut da den Urbeginn alles Seins. Woher ich diesen Ursprung aller Dinge kenne? Intuitiv! |
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Ein pflichtbewußter Sohn, der seinen Eltern nicht schmeichelt, ein anständiger Beamter, der vor seinem Herrn nicht kriecht – diese Beamten und Söhne sind die edelsten. Ein Sohn, der [alles], was die Eltern sagen, für richtig hält, und [alles], was sie tun, für gut befindet, wird von aller Welt als charakterloser Sohn bezeichnet; ein Beamter, der [alles], was sein Herr sagt, für richtig hält, und [alles], was er tut, für gut befindet, wird von aller Welt als charakterloser Beamter bezeichnet. Doch niemand weiß genau, ob das so stimmt! Wer dem beipflichtet, was alle Welt für richtig hält, wer für gut befindet, was alle gut finden, den nennt man [doch] nicht Nachahmer und Kriecher. Stimmt es, daß, was die Allgemeinheit behauptet, mehr Autorität als die Eltern und mehr Respekt als der Herrscher beansprucht?
Jemand, der Nachahmer genannt wird, ist empört; jemand, der Kriecher genannt wird, wird wütend. Und doch ist er sein Leben lang ein Nachahmer, sein Leben lang ein Kriecher; mag er auch mit wunderbaren schönen Worten viele Menschen um sich scharen, so passen doch Anfang und Ende, Wurzel und Verzweigungen [seiner Rede] nicht zueinander. Er zieht Roben an, die hinter ihm herschleifen, schmückt sich mit Farben, schneidet Grimassen, um aller Welt zu gefallen, und betrachtet sich selbst weder als Nachahmer noch als Kriecher, zwar stimmt er mit den anderen, die ihm folgen, darin überein, was richtig und falsch sei, und doch betrachtet er sich nicht als Teil der Menge – das ist der Gipfel der Dummheit. Wer erkennt, daß er dumm ist, ist kein großer Dummkopf; wer erkennt, daß er verwirrt ist, ist kein großer Wirrkopf. Ein großer Wirrkopf findet sein Leben lang nicht zur Klarheit; ein großer Dummkopf findet sein Leben lang nicht zur Klugheit. Wenn drei Leute wandern und einer von ihnen ist ein Wirrkopf, dann können sie doch ihr Ziel erreichen, denn die Wirrköpfe sind in der Minderheit; sind zwei von ihnen Wirrköpfe, dann laufen sie bis zur Erschöpfung, ohne anzukommen, denn die Wirrköpfe sind in der Mehrheit. In heutiger Zeit besteht der Staat aus Wirrköpfen, obwohl ich [ihnen] die Richtung weise, sie nehmen es nicht an. Ist das nicht traurig?
Großartige Musik erreicht nicht die Ohren der Dörfler; die Schlager „She yang“ (Sich biegende Weide) und „Huang hua“ (Leuchtende Blüten) aber erheitern sie und bringen sie zum Lachen. Ebenso erreichen hochtrabende Reden nicht den Herz-Geist der Menge; wahre Worte werden nicht ausgesprochen; was man gewöhnlich spricht, übertönt alles. Zwei Tonschalen übertönen die Glocke, so daß sie nicht mehr zu hören ist. In heutiger Zeit besteht der Staat aus Wirrköpfen, obwohl ich [ihnen] die Richtung weise, wie wenig bewirkt das? Wer erkennt, daß er etwas nicht erreichen kann und es dennoch zu erzwingen versucht, ist ebenfalls ein Wirrkopf; ist es nicht besser, die Sache dann aufzugeben, statt sie weiter voranzutreiben? Wer nichts vorantreibt, was bereitet ihm [dann noch] Kummer? Wenn unansehnliche Leute mitten in der Nacht ein Kind bekommen, eilen sie zum Feuer, um es anzusehen, nur weil sie fürchten, daß es ihnen selbst ähnelt. Zhuangzi 12.15 |
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Geregeltes, feststehendes wissen ist das gegenteil von lebendiger zeit. Es ist unsinn, zu meinen, wir müßten uns aufgrund von regeln entscheiden, die einzelne menschen aus ihrem selbst heraus aufgestellt haben: "Wem andere sich beugen, dem mußt auch du dich beugen", heißt es, und von der "selbstverständlichen pflicht" schwätzen sie. Was für ein unsinn, und kein ende ist abzusehen!
Wie leicht lassen sich die menschen von oberflächlichen vergnügungen betäuben: einer geburtstagsfeier, einem jahrmarkt, einem schaufensterbummel. Wie selbstverständlich machen sie mit, was alle tagtäglich machen. Ich hingegen sitze unten an der quelle der gefühle, bin heiter und still, ohne gelächter, wie ein kind. Ein kommen und gehen ist in mir.. Wie vieles diese menschen zu ihrem leben brauchen. Ich hingegen möchte so wenig wie möglich haben; ich bin ungeschickt in eurer weise zu leben; ich denke nicht an zweck und wert. Die menschen sind so klug und gebildet, voller regeln, denen sie nachlaufen. Meine gedanken dagegen sind wirr und vieldeutig, gewunden und klar. Wie eine herde schafe laufen die menschen den zufälligen bedürfnissen einzelner hinterher, weil sie die bedürfnisse der gemeinschaft vergessen haben und doch nach ihnen suchen. Ich hingegen freue mich am einsamen blick vom einsamen berg herab. Ich lasse mich nicht von einzelnem festhalten, aber ich gehöre zu allem gemeinsam: wie die welle zum meer. Die menschen machen erfahrungen und benehmen sich entsprechend. Ich hingegen wirke einfältig oder halsstarrig; ohne höflichkeit sehen sie mich, und unsozial. Ich bin anders als diese menschen: Ich spüre in mir die immerzu neu entstehende wirklichkeit; ich bin nicht meine erfahrungen, ich bin nicht meine eigenschaften, ich bin. Mondrian W. Graf von Lüttichau |
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Für den Weisen gibt es nichts, das er mit Sicherheit weiß. Wenn die Heuchelei der Gewißheit aufgegeben wird, ist die Welt ungeteilt und einsam, ein Ort, an dem man sich im Staunen verliert. Wie kann der Weise glauben, was andere glauben, den Anschein ehren, blind verfolgen, was andere verfolgen? Doch Menschen leben auf in ihren Illusionen. Die Welt wimmelt um den Weisen, der bis in sein innerstes Zentrum hinein nicht weiß. Andere scheinen zu wissen, doch der Weise weiß nicht. Andere sind klar, sicher und zuversichtlich, doch der Weise ist verwirrt und ohne Richtung, ein Narr, in seinen Gedanken und in der Welt verloren. Andere kümmern sich entschlossen um die Pflichten des Lebens, erfüllen ihre eigenen Bedürfnisse und die der Allgemeinheit. Der Weise jedoch ist dunkel und zurückgezogen, losgelöst und unabhängig, anders. Andere werden durch das Offensichtliche genährt, doch den Weisen nährt das Tao. Frei von der Heuchelei der Gewißheit ist es leicht, mitfühlend zu sein. Deshalb lehrt der Weise mit doppelter Klinge. Diejenigen, die lernen, glauben, das Gewöhnliche zu lernen, das verstanden werden kann, während sie tief in ihrem Inneren das Außergewöhnliche lernen, das jenseits allen Verstehens liegt. Ray Grigg |
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